Genug ist genug, liebes Kultusministerium...

Ilona Zehetleitner

Ilona Zehetleitner

Das Übertrittsverfahren gewährleistet keine Chancengleichheit und fördert die Bildungsungleichheit. Schüler:innen mit niedrigerem sozioökonomischem Hintergrund, einer anderen ethnischen Zugehörigkeit oder aus ländlichen Gebieten sind oft benachteiligt und haben weniger Zugang zu bestimmten Schulen. Dies kann dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler in verschiedene Bildungswege eingeteilt werden, bevor sie wirklich ihre Fähigkeiten und Talente zeigen konnten.

Das Kultusministerium trotzt aller Kritik

Trotz hohen politischen und gesellschaftlichen Ringes hält das Kultusministerium eisern an diesem Verfahren fest. Dieses Thema schlägt sich in zahlreichen Artikel in bayerischen Zeitungen sowie Radio-und Fernsehbeiträgen im Bayerischen Rundfunk nieder und zeichnet sich vor allem durch Unbeweglichkeit der Regierung aus, da es sich, obwohl schon seit langem sehr kontrovers diskutiert, innerhalb vieler Jahrzehnte nicht erheblich weiterentwickelt hat. Politisch erfolgen im Bayerischen Landtag jährlich Anträge der Opposition mit Veränderungsvorschlägen – alle werden abgelehnt. Auch beschäftigen sich zahlreiche wissenschaftliche Studien mit dem Übertrittsverfahren in Bayern – die Ergebnisse werden ignoriert. Laut der Bayerischen Staatsregierung hat sich das Verfahren einfach bewährt.

Unfassbare emotionale Belastung für Kinder und Eltern, vermeidbar, hervorgerufen durch den Staat 2016 brachte Prof Reinders von der Uni Würzburg eine Studie raus, die den Stress der bayerischen 4. Klässler mit den hessischen 4. Klässlern verglich. Auch Schüler in Hessen erleben Stress. Tatsächlich ist der Stress der Schüler in Bayern so viel höher, dass sich laut dieser Studie 16% der Kinder nach an der Kindsgefährdung befinden. Dass Bayern mit der Wahl seines Übertrittverfahrens ein vermeidbares Leid bei Kindern verursacht, ist nicht zu rechtfertigen. Dabei behaupten oftmals Grundschullehrer, es seien die Eltern, die verantwortlich für das Leid wären, weil sie durch das Lernen mit den Kindern unnötigen Druck erzeugen würden. Die Reinders-Studie zeigt auch hier, dass das so nicht stimmt. Denn vor allem die Kinder, die keine Unterstützung zuhause erfahren, leiden deutlich mehr unter dem Übertrittsverfahren. Außerdem liegt es in der Verantwortung des Staates, sich für ein Verfahren zu entscheiden, dass das Leid der Kinder reduziert. 15 weitere Bundesländer machen vor, dass es deutlich besser geht.

Dass wir Eltern in Bayern nicht als mündige Bürger behandelt werden, ist eine Sauerei!

In Jahr 1945 starten alle Bundesländer mit dem dreigliedrigen Schulsystem (Hauptschule/Realschule/Gymnasium), bei der dieÜbertrittsentscheidung maßgeblich von der Schule abhing. Inzwischen stiegen nach und nach 13 von 16 Bundesländer um zu Freigabe des Elternwillen, dass zu einer großen Entspannung in den Grundschulen führt und bislang blieben darauf begründete, zumindest große Bildungskatastrophen aus.

der Freigabe des Elternwillens in den Bundesländern

Das Kultusministerium hat den Schuss nicht gehört. 

Während in allen anderen Bundesländern der Elternwille frei gegeben wurde oder zumindest die Schularten so verändert wurden, dass man in der Umsetzung den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen näher kommt, hält Bayern am System von 1945 fest und verweist auf seine „hervorragenden“ Plätze in Bildungs-Rankings. Werden hierfür die Kinder und Eltern verheizt?

Als mündige Bürger stößt es sehr vielen Eltern sauer auf, dass die Eltern in 13 anderen Bundesländern selbst die weiterführende Schulart wählen dürfen und wir in Bayern von der Bayerischen Staatsregierung hören, dass wir Eltern diese Entscheidung nicht gut genug treffen könnten und der Staat sie uns deshalb aus den Händen nimmt.

Studien zweigen zwar tatsächlich, dass die Lehrerentscheidung besser ist als die Elternentscheidung, doch ist dieser Qualitätssprung klein und rechtfertigt weder die psychische Belastung der Kinder; Eltern und Grundschullehrer noch die Entmündigung der Bürger. Diese Erfahrung der Eltern hat sehr häufig in eine große Ohnmachtserfahrung gegenüber dem Staat (Staatsmachtlosigkeit) zur Folge hat, die für die Demokratie kontraproduktiv ist.